Donnerstag, 1. Mai 2008

Geldauflagen = Willkür oder Segen?

Das musste ja so kommen. Der Landesrechnungshof NW soll nach einer Pressemeldung bei einer Untersuchung die Verhängung von Geldauflagen zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen kritisiert haben und wohl auch angemahnt haben, dass die Staatskasse zu wenig bedacht werde. Von Willkür ist die Rede. Worum geht es eigentlich.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass im Rahmen der sehr hohen Geldauflagen bei der Einstellung des sog. Mannesmann-Verfahrens schon einmal die Willkür der Verteilung kritisch beleuchtet wurde.

Geldauflagen im Strafverfahren kommen in unterschiedlicher Form vor. Häufig werden Bagatellsachen nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Bewährt hat sich die Geldauflage auch als Bewährungsauflage, denn ohne eine solche kann beim Verurteilten ja leicht der Eindruck eines Freispruches entstehen.

Wenn - was häufig der Fall ist - das Gericht eine Geldauflage verhängt (bei einer Einstellung kann das auch die Staatsanwaltschaft), bestimmt das Gericht auch, wer die Geldauflage bekommt. Dabei sehen die Rechnungsprüfer offenbar, dass von der Möglichkeit, die stets notleidende Landeskasse aufzubessern, nicht ausreichend Gebrauch gemacht wird. Mit den rechtlichen Überlegungen (richterliche Unabhängigkeit...) will ich mich hier gar nicht auseinander setzen. Fraglos könnte der Gesetzgeber ohne in die richterliche Unabhängigkeit einzugreifen, die Möglichkeit, Geldauflagen zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen zu verhängen, schlicht einschränken. Aber ist das wünschenswert? Viele - gerade kleinere - Einrichtungen erzielen über Geldauflagen einen wesentlichen Teil ihrer Einkünfte. Das gilt besonders für solche Vereine, die aufgrund ihrer Tätigkeit sonst ein recht geringes Spendenaufkommen haben, zum Beispiel Vereine, die sich um Drogenabhängige kümmern (und so erheblich zur Entlastung der Justiz beitragen) oder die Wiedereingliederung von Straftätern nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe. Der Durchschnittsspender wird doch lieber was für hungernde Kinder in aller Welt tun, als für solche Menschen.

Nicht zu verkennen ist auch ein gewisser erzieherischer Effekt und eine große Akzeptanz bei den Verurteilten. Verfahren wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr zum Beispiel habe ich in meiner Strafrichterzeit mehrfach gegen (hohe) Geldauflagen zugunsten des damaligen Trägers des Rettungsdienstes in meinem Gerichtsbezirk eingestellt. Bei diesen Verfahren habe ich mich häufig gefragt, ob das traumatische Erlebnis, jemanden im Straßenverkehr versehentlich getötet zu haben, nicht schon Strafe genug ist. Klar gibt es auch Fälle, in denen eine Einstellung nicht in Betracht kommt (grob fahrlässiges Verhalten/Trunkenheit), häufig sind es aber starßenverkehrliche Alltagssituationen, die jeden von uns treffen können. Ich kann mich noch gut an einen Fall erinnern, in dem ein junger Mann auf einem Feldweg eine von rechts hinter einem hohen Maisfeld hervorradelnde Radfahrerin (Mutter von zwei kleinen Kindern) überfahren hat, die an der Unfallstelle gleichsam in seinen Armen verstorben ist und der anschließend wegen akuter Suizidgefahr drei Monate in einer Klinik verbracht hat. Ist es da nicht gerechtfertigt, das Verfahren gegen einer Zahlung, sagen wir mal z.B. an das Rote Kreuz o.ä einzustellen?

Ich verkenne nicht, dass eine Bündelung von Bussgeldern in einer Art Fonds auch Vorteile hätte. So habe ich bei manchen Vereinen, die übrigens eifrig um Bussgelder werben, die Erfahrung gemacht, dass die Eingangskontrolle - auf die ich als Richter ja angewiesen bin - vorsichtig ausgedrückt, zu wünschen übrig lässt. Das ist bei der Staatskasse oder einem staatlich kontrollierten Fonds wohl anders (obwohl die Zahlungsmitteilungen der Justizkasse manchmal auch etwas länger auf sich warten lassen).

Zugegeben, es gibt auch Präferenzen. Ich habe z.B. recht häufig die Fördervereine örtlicher Schulen bedacht (obwohl ich keine Kinder habe und nicht in meinem Gerichtssprengel wohne). Ich mach mir nur Sorgen darum, dass eine Reglementierung das an sich bewährte System ganz zu zerstören geeignet ist. Wird der Fiskus mit den Bussgeldeinnahmen nicht eher Haushaltslöcher stopfen, als zum Beispiel die Gefangenenbetreuung oder einen Drogenhilfeverein?

Sonntag, 20. April 2008

Verspätungen

Manchmal frage ich mich, warum ich eigentlich noch öffentliche Verkehrsmittel benutze, um ins Büro zu fahren. Nicht nur, dass ich für die Strecke - trotz Berufsverkehr - gut doppelt so lange brauche, selbst wenn - was die Ausnahme ist - alle Verkehrsmittel pünktlich fahren. Es ist vor allem die Unzuverlässigkeit der Fahrpläne, die mich alltäglich Nerven kostet.

Das fängt mit dem Start an. Die KVB ("Kölner Verspätungs-Betriebe" :-)) schaffen es, schon auf den vier Stationen von der Endhaltestelle bis zu meiner Haustür mindestens vier Minuten Verspätung rauszufahren. Ergo muss ich grundsätzlich eine Bahn früher nehmen, denn auf der Strecke zum Bahnhof werden es regelmäßig knapp zehn Minuten, die die Bahn - immerhin auf separater Spur und mit Vorrangschaltung an allen Kreuzungen - rausfährt. Selbst mit einer früheren Bahn wird es da oft schon zu knapp. Hinzu kommen fehlende Informationen. Trotz einer ohne Frage teuren Fahrgastinformationsanlage (Leuchtband) erfährt man zwar, die nächste Bahn komme in 5 Minuten, diese Anzeige war aber z.B. am Donnerstag gut zehn Minuten lang zu sehen. Dafür weiß ich, dass ich am Wochenende mal die - ebenfalls von den KVB betriebene Rheinseilbahn nutzen soll...

Der Zug nach Düsseldorf ist dafür nur an den Tagen pünktlich, an denen die KVB besonders viel Verspätung hat (so am Donnerstag), ansonsten werden Verspätungen unter zehn Minuten erst gar nicht angesagt, und wenn vorzugsweise während der Durchfahrt eines ICE, damit die Information möglichst nicht beim Fahrgast ankommt. An einen Sitzplatz muss man gar nicht denken, der Zug ist zu jeder Tages- und Nachtzeit überfüllt.

Leider ist das Düsseldorfer Gegenstück zur KVB, die Rheinbahn, auch nicht wesentlich zuverlässiger. Eigentlich sollte zur Hauptverkehrszeit alle fünf Minuten eine Bahn in Richtung Gericht fahren, das ist aber leider Theorie, eher fahren alle 10 Minuten zwei Bahnen unmittelbar hintereinander her. Das ist auf der Rückfahrt noch unangenehmer, hat es doch den gleichen Effekt, wie die Kölner Verspätungen - man muss eben viel früher losfahren, als nach dem Fahrplan nötig.

Warum die Bahn sich die Mühe macht, einen Fahrplan für die Strecke von Düsseldorf nach Köln aufzustellen, weiß ich nicht. Eine pünktliche Abfahrt ist jedenfalls eher Zufall, die Regel sind 10 bis 20 Minuten Verspätung. Verbesserungsvorschlag: Statt eines Fahrplans, der ohnehin nicht eingehalten wird, wäre doch ein Hinweis ausreichend, dass von Gleis XY in unregelmäßigen Abständen Züge nach Köln verkehren.

Den Vogel abgeschossen und damit diesen Beitrag veranlasst haben aber die KVB am vergangenen Donnerstag. Auf die im 10-Minuten-Takt verkehrende Bahn durfte ich geschlagene 30 Minuten warten. Während der ganzen Zeit wurde ich zwar darüber informiert, dass am kommenden Morgen auf der - die Station nicht anfahrenden - Strecke nach Bonn wegen eines Streiks Behinderungen möglich seien, über die voraussichtliche Wartezeit aber war nichts zu erfahren. Schade eigentlich, denn alternativ hätte ich bei dieser Verspätung erheblich schneller und mit Umsteigen auch eine alternative Strecke befahren können.


Nun könnte man natürlich einwenden, dass zehn Minuten Verspätung doch nicht allzu schlimm sind. Leider verkehren aber U-Bahn und Nahverkehrszüge nicht alle in einem ähnlichen Takt, so dass 10 Minuten U-Bahn bei optimaler Verspätung auch der Bahn zu fast einer Stunde Verlängerung der Reisezeit (und entsprechendem Aufenthalt auf einem nicht wirklich heimeligen Bahnhof führen). Das alles ist wirklich nur hinzunehmen, weil ich ein relativ preiswertes Monatsticket habe. Eine einzelne Fahrt kostet mehr als 10 Euro, dafür kann ich gut mehrmals mit dem Auto fahren, dessen Fixkosten ich ja ohnehin zahle.

Sonntag, 13. April 2008

Nicht tot...

Überraschung! Ein Beitrag im rechtnuetzlich-Blog. Damit haben Sie nicht gerechnet. Ich schäme mich auch ein wenig, dass ich seit Oktober nichts mehr habe von mir hören lassen, aber ich blogge ja nicht hauptberuflich...

Nachdem ich in zwei Urlauben (Weihnachten und Ostern) wieder etwas Kraft getankt habe, starte ich aber nun einen neuen Anlauf. Dafür können Sie sich bei meinem Neffen bedanken, der mein langes Blog-Schweigen zum Anlass einer besorgten Anfrage genommen hat. Dabei hätte es an Themen ja nicht gefehlt, wohl aber an der Zeit, sich mit diesen zu beschäftigen. Entgegen einer verbreiteten Ansicht habe ich nämlich nicht nur einen Halbtagsjob. Hinzu kommt, dass ich mich nicht seit meiner Geburt mit dem gewerblichen Rechtsschutz befasse und daher erst einmal viel neues lernen darf.

Der Gesetzgeber ist - was Arbeitsbeschaffung für die Justiz angeht - auch nicht untätig. So dürfte die Änderung des Urheberrechts, nach der bei einer kommerziellen Nutzung ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen den Internetprovider besteht, nicht nur die Fallzahlen drastisch in die Höhe schnellen lassen, sondern auch eine Reihe praktisch interessanter Fragen aufwerfen:
  • Ab wann ist die Nutzung zum Beispiel von Filesharing-Diensten kommerziell (Geld "spare" ich doch schon beim einmaligen Download)?
  • Wenn der Rechteinhaber belegen muss, dass eine kommerzielle Nutzung vorliegt: Wie kann er das, wenn er nicht einmal weiß, wer sich hinter einer IP-Adresse verbirgt? Dass über eine bestimmte IP-Adresse viele urheberrechtlich geschützte Werke verbreitet werden, besagt doch nicht, dass dies auch durch den gleichen Nutzer geschieht. Wie soll der Rechteinhaber das also darlegen?
  • Wann ist ein urheberrechtlicher Fall so einfach gelagert, dass die Deckelung der Abmahnkosten auf 100,00 EUR greift? Meiner Erfahrung nach sind Fälle von Urheberrechtsverletzung selten wirklich einfach gelagert, wobei das Hauptproblem oft schon darin besteht, festzustellen, wer überhaupt Rechteinhaber ist und daher überhaupt einen Unterlassungsanspruch geltend machen kann. Oder geht es da nur um die Verletzerseite?
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Schon jetzt besteht eine gewisse Tendenz, statt einer Vielzahl von Verletzern lieber Dienstleister wie Zugangs- und Hostprovider, Handelsplattformen wie eBay oder Suchmaschinenbetreiber in Anspruch zu nehmen, die flugs zu "Störern" mutieren. Insoweit wird die geforderte Kontrolldichte immer höher, was mit der Intention insbesondere der E-Commerce-Richtline kaum in Einklang zu bringen sein dürfte. Wenn die Verfolgung von Rechtsverletzungen aber künftig für die Rechteinhaber zwangsläufig mit einer nicht kompensierbaren Erhöhung ihres Schadens verbunden ist, wird die Tendenz zur Störerhaftung ohne Frage noch zunehmen.

Schließlich stellt sich noch die Frage, wie die Begrenzung der erstattungsfähigen Abmahnkosten mit der sog. "Enforcement-Richtlinie" der EU in Übereinstimmung zu bringen ist. Ob danach eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auf ein Niveau unterhalb des tatsächlich entstandenen Schadens zulässig ist, dürfte noch zu diskutieren sein.

Wenn ich mich mal wieder ein paar Wochen lang nicht melde, dann sind es möglicherweise gerade diese Fragen, die mich beschäftigen. Das ist zumindest zu befürchten.

Also: Ich werde mich wieder melden, versprochen...

Ein schönes Restwochenende

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Ubuntu, ein neuer Rechner und was so passiert...

Ich trenne ja ordentlich, nein, nicht nur den Abfall, sondern auch die Rechnernutzung. Darum habe ich auch stets zwei Rechner im Arbeitszimmer stehen. Einen für die rein private Nutzung, zum Beispiel zum Surfen im Internet und einen zweiten für die lästigen Dinge des Lebens, zum Beispiel arbeiten.

Es war einmal ein alter PC, der modernen Multimediaanforderungen nicht mehr genügte. Darum wurde er nicht etwa auf den Müll geworfen, sondern liebevoll mit einem gegenüber Windows etwas weniger multimedialen Betriebssystem gefüttert. Man kommt ja aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, wenn man ein modernes Linux-System wie Ubuntu auf den Rechner packt. Leider hat mir aber doch am Samstag die Hardware einen Strich durch die schöne Linux-Rechnung gemacht: Der Rechner tat keinen Mucks mehr. Da musste natürlich Ersatz her. Und zwar schnell, aber kostengünstig, denn ich muss ja auch weiterhin fleißig an Urteilen basteln.

Es ist im Übrigen gar nicht so einfach, einen billigen PC ohne ein Betriebssystem zu erwerben. Die "üblichen" Anlaufstätten - große Elektronikmärkte - bieten leider fast ausschließlich Rechner mit viel Schnickschnack (TV-Karte, Quadcore-CPU u.ä.) an, die zwar vielleicht preiswert sind, aber für die Nutzung als Büro-PC unter Ubuntu schon deshalb nicht taugen, weil ich da eine TV-Karte nicht brauche. Warum sollte ich also dafür und für ein nicht benötigtes Windows zahlen? Schließlich wurde ich dann doch fündig.

Noch nie in 20 Jahren PC-Nutzung habe ich so problemlos einen Rechner installiert, wie diesen. Aus dem Internet geladene CD ins Laufwerk (Ubuntu 7.10 "Gutsy Gibbon"), Rechner gestartet, nach dem Start auf Installieren klicken (es ist eine Live-CD) und knapp eine Stunde später war die Installation abgeschlossen. Ich habe sogar etwas geschafft, was mir beim Vorgänger trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen ist: Mittels Samba ein Verzeichnis zum Datenaustausch mit dem Windows Rechner (Aldi-PC mit Windows Vista) einzurichten. Jetzt weiß ich auch, warum das vorher nie gelingen wollte...

Besonders stolz bin ich aber auch darauf, dass es mir gelungen ist, mittels des Programmpaketes Wine die CD-Version einer von mir abonnierten Fachzeitschrift auch auf dem Ubuntu-PC zum laufen zu bringen. Völlig ohne Probleme. Das ist eigentlich zu schön um wahr zu sein.

Fazit: Der Umstieg aus der Windows-Welt auf die Linux-Welt ist auch für Computerlaien mittlerweile durchaus lohnend und war noch nie so einfach wie heute.

Freitag, 12. Oktober 2007

Richterprotest

Wenn ein gutes Drittel aller Richter und Staatsanwälte auf die Straße geht, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Justiz schon jetzt jenseits der Belastbarkeitsgrenze angekommen ist, dann sollte einem das doch zu denken geben. Genau das hat gestern stattgefunden. 1.300 Richter und Staatsanwälte haben sich zu einem Protesttag in Düsseldorf versammelt. Das zeichnet ein deutliches Bild über die Stimmung in nordrhein-westfälischen Gerichten und Staatsanwaltschaften.

Rechnerisch fehlen in Nordrhein-Westfalen mehrere hundert Richter und Staatsanwälte. Doch statt mehr Richter und Staatsanwälte einzustellen, sollen es sogar im kommenden Jahr fast 80 weniger werden!

Dabei sind die Zahlen nicht einmal von den Richtern, sondern von den Justizministern ermittelt worden. Der durchschnittliche Richter arbeitet in NRW nach der Erhebung einer Unternehmensberatung (sog. Peb§y-Studie) etwa 50 Stunden in der Woche. Eine Zahl, die ich aus eigener Erfahrung durchaus als in jeder Hinsicht zutreffend bezeichnen kann. Dabei haben die Richter und Staatsanwälte einen ungewöhnlich niedrigen Krankenstand und viele Kolleginnen und Kollegen müssen Jahr für Jahr Teile ihres Urlaubs verfallen lassen, um der Aktenflut überhaupt noch Herr zu werden. Überrascht es da wirklich, wenn Richter und Staatsanwälte nur darüber lachen können, dass durch die Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden doch Personalressourcen frei werden sollen. Tatsächlich heisst das doch nur, dass ich nicht mehr 11, sondern nur noch neun Stunden jede Woche "überobligatorisch" leiste. Glaubt man in unserer hierfür verantwortlichen Landesregierung wirklich, dass die Richter und Staatsanwälte trotzdem noch mehr Arbeit schultern können, ohne dass der Rechtsschutz massiv darunter leidet? Oder nimmt man das einfach in Kauf?

Ebenso befremdlich muten Äußerungen an, dass doch durch die Einführung elektronischer Verfahrenslösungen Personal eingespart werden könnte. Zum einen hat die Justizministerin selber die Probe aufs Exempel gemacht und dabei festgestellt, dass jedenfalls die Richter bei der Nutzung der hier in NRW realisierten Verfahrenslösung JUDICA/TSJ mehr und nicht etwa weniger Zeit für die Bearbeitung ihres Dezernats benötigen. Da war sie aber noch Vorsitzende des Hauptrichterrates und des Richterbundes. So lange, dass sie das schon wieder vergessen haben könnte, ist das aber noch nicht her! Zum anderen hat es ja - vor allem im sogenannten "Unterstützungsbereich", d.h. in den Kanzleien und Geschäftsstellen (neudeutsch: Serviceeinheiten) bereits in der Vergangenheit massive Personaleinsparungen gegeben, die sich nur durch den Einsatz der Technik und eben Mehrarbeit der Richter und Staatsanwälte auffangen ließen. Dieses Rationalisierungspotential ist - was man offenbar politisch nicht wahr haben möchte - nicht nur begrenzt, es ist mehr als ausgeschöpft.

Was nutzen wohl neue Ermittlungsmethoden (Stichwort: Onlinedurchsuchung), was nutzen mehr Polizeibeamte (die sicher auch notwendig sind!), wenn dann keine Staatsanwälte da sind, die die Verfahren zur Anklage bringen und keine Richter, die die Täter verurteilen. Der Kollaps des Systems steht nicht unmittelbar bevor, er kann jeden Tag in deutschen Gerichten und Staatsanwaltschaften besichtigt werden.

Da bedarf es schon fast keiner Erwähnung, dass in verfassungsrechtlich zumindest fragwürdiger Weise die Richter und Staatsanwälte von der allgmeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden.

Samstag, 29. September 2007

Kunst oder nicht?

Über Kunst kann man geteilter Meinung sein. Offenbar vor allem schon über die Frage, was denn noch Kunst ist, und wo etwa Pornographie oder Gewaltverherrlichung anfängt. In Köln erregt zur Zeit ein - nicht gehängtes - Plakat der Städtischen Bühnen die Gemüter. Stein des Anstoßes ist ein Plakat für die Inszenierung "Die Nibelungen", das eine Frau mit einem blauen Plastiksack über dem Kopf darstellt. Als "grenzwertig" betrachtet dieses Plakat der Kölner Kulturdezernent (so die Zeitung Kölnische Rundschau am 26.09.2007), der meint, es könne eine Kollision mit dem Gewaltdarstellungsparagraphen § 131 StGB darstellen.

Dieser lautet:

(1) Wer Schriften (§ 11 Abs. 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,

1.
verbreitet,
2.
öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
3.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht oder
4.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 3 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Darbietung des in Absatz 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.

(4) Absatz 1 Nr. 3 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt.

Worin man bei dem Plakat - welches in dem Zeitungsartikel sinnigerweise abgebildet war - eine "Verherrlichung oder Verharmlosung" oder eine "Verletzung der Menschenwürde" sehen soll, erschließt sich mir zwar nicht wirklich. Aber ich bin ja auch nicht Staatsanwalt. Auch ein Blick in die - zugegebenermaßen schon etwas ältere - Kommentierung in dem Standardkommentar (Tröndle/Fischer, 51. Aufl.) führt leider nicht wirklich weiter. Hier wird zwar sehr ausführlich dargestellt, dass sich Gewaltverherrlichung und Kunst nicht ausschließen und dass insoweit eine Abwägung zwischen der - nur verfassungsimmanenten Schranken unterliegenden - Kunstfreiheit und dem Tatbestand geboten sei. Wie der aber nun praktisch vorgenommen werden soll, darüber schweigt der Kommentar.

Das gleiche Abgrenzungsproblem dürfte sich im Übrigen dem Besucher der zur Zeit im Museum Ludwig laufenden Ausstellung "
Balthus. Aufgehobene Zeit. Gemälde und Zeichnungen 1932 – 1960" stellen, denn - wie es bei Wikipedia heißt: "Balthus' Lieblingssujet waren unterschwellig sexuell getönte Portraits von Mädchen im Alter von etwa 13 Jahren, die sich ihrer Wirkung noch nicht bewußt sind und damit den erwachsenen Betrachter kompromittieren. Diese Ambivalenz war und ist Anlass heftiger Kontroversen." Da ist die Grenze zur Kinderpornographie nah.

Sonntag, 16. September 2007

Pizza

Heute hatte ich irgendwie einen Heißhunger auf Pizza. Ob das wohl damit zusammenhängt, dass ich bis vor drei Wochen regelmäßig mindestens zweimal wöchentlich die Erkelenzer Pizzerien unsicher gemacht habe? Fehlt meinem nunmehr OLG-Kantinen-ernährten Körper da was? Na egal, jedenfalls wollte ich eigentlich nur eine Pizza essen. Schön, dass ich da niemanden fragen muss.

Ein wenig die Straße runter gibt es eine Pizzeria. Dorthin lenkte ich meine hungrigen Schritte. Schön, da in der Ecke war auch noch ein Plätzchen frei - an mehreren anderen Tischen stand ein schnödes "Reserviert". Der Tisch vor dem Klo ist offenbar nicht so begehrt, aber Hunger ist Hunger. Schnell kam auch der Kellner. Aber nicht etwa, um mich nach meinen Wünschen zu fragen. Nein, der Herr hatte schnell analysiert, dass ich alleine war und man an dem Tisch bestimmt auch ein Pärchen unterbringen konnte. Darum fragte er nur, ob ich wohl den Tisch reserviert hätte? Hatte ich natürlich nicht, so ein Italiener war das eigentlich auch nicht. Leider, so musste ich erfahren, waren nicht nur die mit dem "Reserviert"-Schildchen gekennzeichneten Tische, sondern auch alle anderen von vielköpfigen Familien reserviert. Mit anderen Worten: Singles belegen zu viel Platz im Verhältnis zum Umsatz. Im Verhältnis zu meinem bestimmt, denn diesen Laden werde ich sicher trotz günstiger Lage nie wieder betreten.

Glücklicherweise ist das ja nicht der einzige Italiener in Lindenthal. Direkt gegenüber gibt es auch noch ein nettes italienisches Lokal, das sogar über eine sehr schöne Terasse verfügt, auf der ich gerade eine köstliche Pizza und einen guten Wein genossen habe. So gewinnt man Stammkunden.