Donnerstag, 1. Mai 2008

Geldauflagen = Willkür oder Segen?

Das musste ja so kommen. Der Landesrechnungshof NW soll nach einer Pressemeldung bei einer Untersuchung die Verhängung von Geldauflagen zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen kritisiert haben und wohl auch angemahnt haben, dass die Staatskasse zu wenig bedacht werde. Von Willkür ist die Rede. Worum geht es eigentlich.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass im Rahmen der sehr hohen Geldauflagen bei der Einstellung des sog. Mannesmann-Verfahrens schon einmal die Willkür der Verteilung kritisch beleuchtet wurde.

Geldauflagen im Strafverfahren kommen in unterschiedlicher Form vor. Häufig werden Bagatellsachen nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Bewährt hat sich die Geldauflage auch als Bewährungsauflage, denn ohne eine solche kann beim Verurteilten ja leicht der Eindruck eines Freispruches entstehen.

Wenn - was häufig der Fall ist - das Gericht eine Geldauflage verhängt (bei einer Einstellung kann das auch die Staatsanwaltschaft), bestimmt das Gericht auch, wer die Geldauflage bekommt. Dabei sehen die Rechnungsprüfer offenbar, dass von der Möglichkeit, die stets notleidende Landeskasse aufzubessern, nicht ausreichend Gebrauch gemacht wird. Mit den rechtlichen Überlegungen (richterliche Unabhängigkeit...) will ich mich hier gar nicht auseinander setzen. Fraglos könnte der Gesetzgeber ohne in die richterliche Unabhängigkeit einzugreifen, die Möglichkeit, Geldauflagen zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen zu verhängen, schlicht einschränken. Aber ist das wünschenswert? Viele - gerade kleinere - Einrichtungen erzielen über Geldauflagen einen wesentlichen Teil ihrer Einkünfte. Das gilt besonders für solche Vereine, die aufgrund ihrer Tätigkeit sonst ein recht geringes Spendenaufkommen haben, zum Beispiel Vereine, die sich um Drogenabhängige kümmern (und so erheblich zur Entlastung der Justiz beitragen) oder die Wiedereingliederung von Straftätern nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe. Der Durchschnittsspender wird doch lieber was für hungernde Kinder in aller Welt tun, als für solche Menschen.

Nicht zu verkennen ist auch ein gewisser erzieherischer Effekt und eine große Akzeptanz bei den Verurteilten. Verfahren wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr zum Beispiel habe ich in meiner Strafrichterzeit mehrfach gegen (hohe) Geldauflagen zugunsten des damaligen Trägers des Rettungsdienstes in meinem Gerichtsbezirk eingestellt. Bei diesen Verfahren habe ich mich häufig gefragt, ob das traumatische Erlebnis, jemanden im Straßenverkehr versehentlich getötet zu haben, nicht schon Strafe genug ist. Klar gibt es auch Fälle, in denen eine Einstellung nicht in Betracht kommt (grob fahrlässiges Verhalten/Trunkenheit), häufig sind es aber starßenverkehrliche Alltagssituationen, die jeden von uns treffen können. Ich kann mich noch gut an einen Fall erinnern, in dem ein junger Mann auf einem Feldweg eine von rechts hinter einem hohen Maisfeld hervorradelnde Radfahrerin (Mutter von zwei kleinen Kindern) überfahren hat, die an der Unfallstelle gleichsam in seinen Armen verstorben ist und der anschließend wegen akuter Suizidgefahr drei Monate in einer Klinik verbracht hat. Ist es da nicht gerechtfertigt, das Verfahren gegen einer Zahlung, sagen wir mal z.B. an das Rote Kreuz o.ä einzustellen?

Ich verkenne nicht, dass eine Bündelung von Bussgeldern in einer Art Fonds auch Vorteile hätte. So habe ich bei manchen Vereinen, die übrigens eifrig um Bussgelder werben, die Erfahrung gemacht, dass die Eingangskontrolle - auf die ich als Richter ja angewiesen bin - vorsichtig ausgedrückt, zu wünschen übrig lässt. Das ist bei der Staatskasse oder einem staatlich kontrollierten Fonds wohl anders (obwohl die Zahlungsmitteilungen der Justizkasse manchmal auch etwas länger auf sich warten lassen).

Zugegeben, es gibt auch Präferenzen. Ich habe z.B. recht häufig die Fördervereine örtlicher Schulen bedacht (obwohl ich keine Kinder habe und nicht in meinem Gerichtssprengel wohne). Ich mach mir nur Sorgen darum, dass eine Reglementierung das an sich bewährte System ganz zu zerstören geeignet ist. Wird der Fiskus mit den Bussgeldeinnahmen nicht eher Haushaltslöcher stopfen, als zum Beispiel die Gefangenenbetreuung oder einen Drogenhilfeverein?

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