Samstag, 29. September 2007

Kunst oder nicht?

Über Kunst kann man geteilter Meinung sein. Offenbar vor allem schon über die Frage, was denn noch Kunst ist, und wo etwa Pornographie oder Gewaltverherrlichung anfängt. In Köln erregt zur Zeit ein - nicht gehängtes - Plakat der Städtischen Bühnen die Gemüter. Stein des Anstoßes ist ein Plakat für die Inszenierung "Die Nibelungen", das eine Frau mit einem blauen Plastiksack über dem Kopf darstellt. Als "grenzwertig" betrachtet dieses Plakat der Kölner Kulturdezernent (so die Zeitung Kölnische Rundschau am 26.09.2007), der meint, es könne eine Kollision mit dem Gewaltdarstellungsparagraphen § 131 StGB darstellen.

Dieser lautet:

(1) Wer Schriften (§ 11 Abs. 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,

1.
verbreitet,
2.
öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
3.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht oder
4.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 3 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Darbietung des in Absatz 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.

(4) Absatz 1 Nr. 3 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt.

Worin man bei dem Plakat - welches in dem Zeitungsartikel sinnigerweise abgebildet war - eine "Verherrlichung oder Verharmlosung" oder eine "Verletzung der Menschenwürde" sehen soll, erschließt sich mir zwar nicht wirklich. Aber ich bin ja auch nicht Staatsanwalt. Auch ein Blick in die - zugegebenermaßen schon etwas ältere - Kommentierung in dem Standardkommentar (Tröndle/Fischer, 51. Aufl.) führt leider nicht wirklich weiter. Hier wird zwar sehr ausführlich dargestellt, dass sich Gewaltverherrlichung und Kunst nicht ausschließen und dass insoweit eine Abwägung zwischen der - nur verfassungsimmanenten Schranken unterliegenden - Kunstfreiheit und dem Tatbestand geboten sei. Wie der aber nun praktisch vorgenommen werden soll, darüber schweigt der Kommentar.

Das gleiche Abgrenzungsproblem dürfte sich im Übrigen dem Besucher der zur Zeit im Museum Ludwig laufenden Ausstellung "
Balthus. Aufgehobene Zeit. Gemälde und Zeichnungen 1932 – 1960" stellen, denn - wie es bei Wikipedia heißt: "Balthus' Lieblingssujet waren unterschwellig sexuell getönte Portraits von Mädchen im Alter von etwa 13 Jahren, die sich ihrer Wirkung noch nicht bewußt sind und damit den erwachsenen Betrachter kompromittieren. Diese Ambivalenz war und ist Anlass heftiger Kontroversen." Da ist die Grenze zur Kinderpornographie nah.

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